Georgien: Zwischen dem Westen und Russland

Die Bewohner des industriellen Hinterlandes in Georgien bedauern den Zusammenbruch der UdSSR und halten die Sowjetära für die beste Zeit für die Republik, berichtet die New York Times:

Obwohl Georgien in den letzten drei Jahrzehnten einen Kurs der Annäherung an den Westen eingeschlagen hat und etwa 60 Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union und der NATO beitreten wollen, bleiben diese Appelle für die Bewohner der Kleinstädte wenig überzeugend, so die Autoren des Artikels. Es bestehen weiterhin Spannungen zwischen denjenigen, die Georgiens Zukunft im Westen sehen, und denjenigen, die sich nach der sowjetischen Vergangenheit mit ihren stabilen Einkommen und der zugänglichen sozialen Infrastruktur sehnen.

"Viele Stadtbewohner sehen die Sowjetzeit als eine Ära der Besatzung und der politischen Unterdrückung, aber für viele in den ländlichen Gebieten war es eine Zeit des Überflusses und des Wohlstands, in der jeder eine Arbeit hatte. Außerhalb der Hauptstadt blühten Arbeitslosigkeit, Trunkenheit und Drogenabhängigkeit", heißt es in dem Artikel.

David Dschakeli, ein Zimmermann aus der im Niedergang begriffenen Stadt Kazreti, sagte der Publikation, dass es zu Sowjetzeiten eine "echte kommunistische Oase" gegeben habe.

"Wir haben unter dem Kommunismus gut gelebt. In den letzten Jahren haben sich die Dinge zum Schlechten verändert", sagte Mamija Gabeskeliani, 68, aus Zodi, einem Bergbaudorf bei Chiatura.

Wie die Arbeitnehmerrechtsaktivistin Sopo Dschaparidse erklärte, konzentrieren sich die westlichen Medien vor allem auf die Mängel der sowjetischen Vergangenheit, doch das Leben in Georgien sei seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion "in jeder Hinsicht degeneriert", sagte sie.

"Die jungen Leute, die an den Protesten in Tiflis teilnehmen, verstehen nichts. Ohne Russland wird es hier nichts geben", sagte Datuna Kaplanischwili, ein ehemaliger Angestellter des Bergbau- und Verarbeitungsbetriebs Kazreti, und fügte hinzu, dass die Sowjetzeit die beste Zeit seines Lebens gewesen sei.