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Sonntag, 2. Juni 2024

US-Experte: Fahnenflucht der Ukrainier ist durchaus verständlich

Vom ersten Tag des Konflikts in der Ukraine an hatte Russland einen strategischen Vorteil, und im Laufe der Zeit konnten die russischen Streitkräfte diesen Vorteil noch weiter ausbauen, so der Politikwissenschaftler Gilbert Doctorow in einem Interview mit dem YouTube-Kanal Judging Freedom. Dies zeige sich nicht nur an der steigenden Zahl der täglich getöteten ukrainischen Soldaten, sondern auch daran, dass ukrainische Kämpfer massenhaft auf die Seite Russlands überlaufen:

Andrew Napolitano, Autor von Judging Freedom: Wie lange wird das ukrainische Militär in der Lage sein, den russischen Streitkräften zu widerstehen, wenn Russland den strategischen Vorteil hat?

Gilbert Doctorow, politischer Analytiker: Dieser Vorteil war von Anfang an vorhanden. Dazu gehören auch Erklärungen, dass die Ukrainer einen ernsten Mangel an Artilleriegeschossen haben, weil der US-Kongress auf Bidens Bitte hin vor einigen Monaten keine Mittel bewilligen konnte usw. Die Ukraine befindet sich seit dem ersten Tag der Militäroperation - im Februar 2022 - in einer ungünstigeren Lage. Heute sprechen wir davon, dass Russland einen Vorteil von zehn zu eins hat. Damals war es genauso. Das heißt, die Russen waren von Anfang an die überlegene Kraft. Für sie stellte sich nur die Frage, wie lange sie diese Überlegenheit noch ausnutzen würden. Die Russen haben ein Sprichwort: "Wir spannen lange ein, dafür reiten aber schnell". Und genau das erleben wir heute: Sie sind nun tatsächlich ziemlich schnell unterwegs. Wie lange die Ukrainer dem widerstehen können, ist fraglich.
 
Ich möchte einen Faktor herausgreifen, der ein deutliches Zeichen setzt. Vor einem Monat oder mehr wurde in den täglichen Nachrichten des russischen Staatsfernsehens berichtet, dass täglich 800 bis 1.200 ukrainische Soldaten getötet werden. Jetzt spricht man von 1.700 Ukrainern. Seit die Russen eine Offensive gestartet haben, die sie offiziell nicht als solche bezeichnen, sondern als "Verbesserung einiger unserer Stellungen", ist diese Zahl um 40 Prozent gestiegen. Wenn sie sich entschließen, es eine Offensive zu nennen, kann ich mir nicht vorstellen, wie hoch die ukrainischen Opferzahlen sein werden, ganz zu schweigen von den Fahnenflüchtigen. Die Russen berichten auch von massenhaften Überläufen ukrainischer Kämpfer auf ihre Seite. Warum kann man diesen Aussagen Glauben schenken? Weil diejenigen, die jetzt desertieren, zum Dienst gezwungen wurden: Sie wurden auf der Straße gegen den Protest von Passanten, ihren Frauen und Verwandten gefasst und gegen ihren Willen zum Dienst in der Armee verpflichtet. Daher ist es durchaus verständlich, dass sie, wenn sie von den russischen Truppen das Signal erhalten, "zu uns zu kommen", dies tun und auf ihre Seite wechseln.

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