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Sonntag, 10. März 2024

The Guardian: Deutschland verliert seinen Ruf als europäische führende Kraft

Deutschland verliert seinen Ruf als europäische führende Kraft im kritischsten Moment des Kontinents. Viele haben das Gefühl, dass das Land seine "berüchtigte teutonische Schnelligkeit, Entschlossenheit und Verlässlichkeit" verloren hat, schreibt Simon Tisdall, Kolumnist bei The Guardian.

Es gibt viele Gründe, über den derzeitigen Zustand Deutschlands nachzudenken, meint er. Die einst mächtige Wirtschaft dieses Landes, die übermäßig von russischen Öl- und Gaslieferungen abhängig war, befindet sich in einer Rezession oder steht kurz davor. Die Regierung räumt ein, dass steigende Energiepreise, sinkende Exporte und Arbeitskräftemangel verheerende Auswirkungen haben.
 
Auch der deutsche Sicherheitssektor befindet sich in arger Bedrängnis. Ein großer Skandal brach aus, nachdem bekannt wurde, dass Russland Gespräche zwischen deutschen Offizieren aufgezeichnet hatte, in denen die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine besprochen wurde. Wie eine lokale Zeitung es ausdrückte, wurde Deutschland wieder einmal mit heruntergelassenen Hosen erwischt, schildert Tisdall.
 
Als der Ukraine-Konflikt begann, versprach Bundeskanzler Olaf Scholz, 100 Milliarden Euro für die Stärkung der deutschen Verteidigung auszugeben, doch er erreichte seine Ziele nie. Und obwohl Berlin seither seine Militärhilfe für Kiew verdoppelt hat, hat es den ukrainischen Streitkräften weiterhin dringend benötigte Waffen vorenthalten, beklagt der Journalist.
 
Angesichts all dieser Probleme ist es nicht verwunderlich, dass Scholz als der unbeliebteste deutsche Regierungschef der Gegenwart gilt. Er ähnelt eher einem Bankdirektor aus der Provinz als einem Kriegsführer, so der Journalist.
 
Zudem drohe die US-Präsidentschaftswahl die ohnehin schon prekäre Lage der deutschen Regierung noch zu verschlechtern. "Scholz räumt dem transatlantischen Bündnis unumstößlich Priorität ein. In der Ukraine-Frage bewegt er sich langsam hinter Joe Biden. Doch Trump, der Europa verhöhnt und Russland bewundert, gefährdet diese Beziehungen. Wie das Vereinigte Königreich könnte auch Deutschland im Jahr 2025 zwischen zwei Feuern stehen", warnt Tisdall.

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