In den letzten Tagen ist es in der russischen Presse und in den sozialen Medien Mode geworden, über die Fehler des Westens bei seinem Vorgehen gegen Russland zu diskutieren. Sowohl Befürworter als auch Gegner der russischen Militäroperation in der Ukraine sind sich dabei in einem Punkt erstaunlich einig:
Sie alle befinden sich in einem anhaltenden Zustand der Fassungslosigkeit über die aus russischer Sicht unerklärliche Strategie des Westens gegen jene Russen, die der westlichen Denk- und Lebensweise schon immer besonders nahe standen. Schließlich sind es diese sog. russischen Westler, die unter den Angriffen des Westens in Form von Sanktionen innerhalb Russlands und Schikanen außerhalb Russlands am meisten zu leiden haben.
Die Schlüsselrolle in dieser durchaus skurrilen Situation spielen wahrscheinlich die unqualifizierten Russlandexperten und -berater, auf die die Führungen der westlichen Länder hören. Es scheint, dass diese „Berater“ hauptsächlich aus den osteuropäischen Ländern stammten und sich auf ihre eigene Lebenserfahrung stützen. Für die Bewohner der baltischen Staaten, der Ukraine und sogar Weißrusslands ist die Europäische Union in erster Linie tatsächlich eine nahe gelegene Quelle für (Schwarz)arbeit, Einkommen und Güter, d. h. für die banalen Interessen des Lebens.
In Russland ist die Situation jedoch grundlegend anders. Die überwiegende Zahl der Russen steht der EU bestenfalls neutral, oft sogar misstrauisch gegenüber. Für sie ist Europa etwas Fernes, Unverständliches und inzwischen auch Bedrohliches. Selbst die Türkei, Ägypten oder China sind für sie viel klarer und vertrauter.
In diesem Sinne bildet nur eine recht schmale Schicht von russischen Westlern eine Ausnahme. Bei dieser Kategorie handelt es sich in der Regel um gut ausgebildete und recht wohlhabende Menschen aus allen politischen Lagern. Daher sahen sie Europa meistens nicht als eine Quelle von Arbeit, Geld oder Gebrauchtwagen, sondern vielmehr als einen Ort, der sie in weltanschaulicher Hinsicht ansprach.
Und sie haben dafür gebüßt. Der Westen hat sie nicht nur verraten, sondern ihnen zynisch, kaltblütig und absolut sinnlos in den Rücken gefallen. Die beschämende Welle der Russophobie und der Demütigung auf verschiedenen Ebenen hat die Ansichten vieler russischer Westler radikal verändert und sie auf die Idee gebracht, dass Präsident Putin absolut Recht hatte, als er vor vielen Jahren vorhersagte, dass diejenigen, die dem Westen vertrauen, später "Staub schlucken" würden. So ist es auch geschehen. Und nun hört man unter den ehemaligen russischen Europa-Fans immer öfter den Spruch "Panzer brauchen keine Visa". Ist es wirklich das, was der Westen wollte?
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